Radiogeschichte Österreichs
 

über die sendetechnische Entwicklung des Rundfunks in Österreich.




Der "Zwischensender" Innsbruck

Sender Aldrans ca. 1930 mit der Drahtantenne zwischen den beiden je 151 m hohen Masten.
Bildquelle [2]
Mit der Errichtung des Senders Innsbruck wurde etwa gleichzeitig mit dem Sender Klagenfurt begonnen. Doch im Unterschied zu Klagenfurt, wo man mit dem Sender in eine Kaserne mit Funkregiment einzog, musste in Aldrans, südwestlich von Innsbruck, eine völlig neue Sendeanlage auf die grüne Wiese gebaut werden. Die Bauarbeiten wurden vom Land Tirol vergeben, was zu Verzögerungen führte. Die im Herbst 1926 montierte Antennenanlage bestand aus einer zwischen 2 je 45 m hohen Masten aufgehängten T-Antenne, deren Elemente als 4-Draht-Reusen ausgeführt waren.

Die ersten Rundfunk-Probesendungen in Innsbruck konnten trotz der Verzögerungen schon am 5. Dezember 1926 abgestrahlt werden. Bis zum Beginn des regulären Programmbetriebs über

den 500 Watt starken Sender in Aldrans dauerte es jedoch noch bis zum 2. Juni 1927. Das Problem dabei war die verspätete Fertigstellung der Zuspielleitung aus Wien. Das Programm gelangte über Zwischenstationen in Linz und Wörgl nach Innsbruck, wobei zwischen Wien und Linz ein Niederfrequenzsignal über Freileitung,

zwischen Linz und Wörgl - gleich wie zur Versorgung des Senders Graz - "Gleitwellen" entlang einer Freileitung und zwischen Wörgl Innsbruck ein Niederfrequenzsignal über ein Erdkabel benützt wurde. Diese Signalzuführung war dennoch sehr störungsanfällig. So wurde die Leitung im April 1928 durch Sprengarbeiten infolge des Straßenausbaus im Bereich Bad Reichenhall mehrmals unterbrochen, was zum Sendeausfall in Innsbruck führte.

Wegen der gebirgigen Topografie des Landes sollte eine möglichst niedrige Frequenz gewählt werden, um eine große Reichweite über die Bodenwelle zu erzielen. Zuerst wurde auf 1020 kHz gesendet, ehe Innsbruck im Brüsseler Wellenplan, der am 13. Januar 1929 in Kraft trat, 658 kHz zugewiesen wurden. Diese Frequenz erwies sich jedoch wegen Störungen anderer Stationen als ungeeignet, worauf man am 20. April 1929 auf 1050 kHz und mit Inkrafttreten des Prager Wellenplan am 30. Juni 1929 schließlich auf 1058 kHz wechselte.

Eigentlich wollte man aber eine für das Gebirge besser geeignete viel tiefere Frequenz haben. Bei der Luzerner Wellenkonferenz 1933 beantragte daher Österreich, die Frequenz 519 kHz, welche unterhalb des offizielle gültigen Kanalrasters lag, für den Sender Innsbruck nutzen zu dürfen. Die ITU erteilte die Genehmigung für den ohnehin nur mit maximal 2 kW geplanten Sender unter der Voraussetzung, dass Messungen der Küstenfunkstellen im Mittelmeer keine Beeinträchtigungen der internationale Seenotruffrequenz 500 kHz ergeben.

Am 4., 5., und 6. Dezember 1933 wechselte Innsbruck versuchsweise von den bisher genutzten 1058 kHz auf 519 kHz, um die Messungen zu ermöglichen. Da dabei keine Störungen auftraten, erfolgte bei Gültigwerdung des Luzerner Wellenplanes am 15. Januar 1934 die offizielle Umstellung auf 519 kHz.

Im Sommer 1934 wurde die Sendeleistung von 500 Watt auf 1 kW verstärkt, in der Zeit des "Reichsrundfunks" nach 1938 auf 1,5 kW. In dieser Zeit wurden 519 kHz zur "Süddeutschen Gleichwelle" (gemeinsam mit Salzburg und Nürnberg), wobei das Programm des "Reichssenders München" zur Ausstrahlung gelangte. Die Sendeanlage überstand den Krieg ohne Beschädigungen und nach der Besetzung Tirols durch die Franzosen wurden Innsbruck und Dornbirn zur "Sendergruppe West" unter französischer Verwaltung.

Bei der Kopenhagener Wellenkonferenz 1948 wurden Innsbruck entgegen der Notwendigkeiten Frequenzen im oberen Bereich der Mittelwelle zugeteilt (1394 und 1484 kHz). Somit wurde die schon 1933 festgelegte Regelung fortgeschrieben, eine Frequenz unterhalb des offiziellen Kanalraster - nun 520 kHz - nutzen zu dürfen, sofern die Seenotruffrequenz 500 kHz nicht gestört wird. Wegen der fortgeschrittenen Empfängertechnik konnte die Sendeleistung später sogar erhöht werden, ohne  Störungen zu verursachen. Daher blieb es bei dieser Regelung bis zur Betriebseinstellung des Senders 1983. Allerdings wurde diese Frequenz dem 2. (nationale) Programm des "Österreichischen Rundfunks" zugewiesen, welches ab dem 21. Dezember 1953 zunächst über einen 200 Watt-Sender am Dach des Innsbrucker Funkhauses ausgestrahlt wurde.

Das vorerst noch unter Aufsicht der französischen Besatzungsmacht stehende Programm des "Landessenders Tirol" wurde ab dem 15. März 1950 auf 629 kHz ausgestrahlt, zunächst noch mit 1,5 kW. 1953 bis 1955 wurde auch die Sendeanlage in Aldrans erweitert. Als Antennen standen 2 je 151 m hohe selbst strahlende abgespannte Fachwerkmasten zur Verfügung. 1953 konnte ein neuer Sender mit 25 kW in Betrieb genommen werden, der jedoch bis zur Fertigstellung der Antennenanlage mit 15 kW betrieben wurde. Im April 1954 konnte die Sendeleistung auf 25 kW gesteigert werden.

Anfang Dezember 1954 wurde die "Sendergruppe West" ebenfalls in den "Österreichischen Rundfunk" eingegliedert, nachdem dies in der britischen Zone schon am 22. Januar 1954 und in der US-Zone am 15. März 1954 erfolgte.

Am 6. November 1955 erfolgte die Inbetriebnahme eines 10 kW-Senders in Aldrans, der das 2. (nationale) Programm auf 520 kHz ausstrahlte.
 

Ab dem 1. Oktober 1967 wurde "Österreich 1" auf 520 kHz, "Österreich Regional" auf 629 kHz ausgestrahlt. Am 5. September 1977 wurde die Ausstrahlung von "Österreich-Regional" auf 629 kHz (25 kW), am 1. März 1984 des verbleibenden Mischprogramms auf 520 kHz (10 kW) eingestellt.

Da der Mittelwellensender Innsbruck wegen der gebirgigen Topografie in großen Teilen Tirols kaum empfangen werden konnte, wurde schon Anfang der 1950er-Jahre in Aldrans auch ein 100 Watt-Kurzwellensender auf 6000 kHz in Betrieb genommen. Ein weiterer Zweck der Kurzwellenausstrahlungen war, das Regionalprogramm aus Innsbruck auch in Südtirol empfangbar zu machen. Dafür wurde in Aldrans eine aus zwei V-Dipolen bestehende Antennen benützt, welche die Sendeenergie fast senkrecht nach oben strahlte, wodurch die für die Kurzwelle typische "Tote Zone" (Bereich, der von der Kurzwelle "übersprungen" wird und somit schlechten Empfang bietet) unterdrückt wird und somit der Sender auch im Nahbereich gut zu hören war.

1956 wurde ein Sender mit 400 Watt Leistung installiert, welcher in den Folgejahren auf 1 kW verstärkt werden konnte. 1974 wurde schließlich ein 10 kW-Sender vom US-Fabrikat Continental Electronics 416D beschafft. Nach der Abschaltung der Mittelwelle verblieb die Kurzwellenausstrahlung von "Österreich Regional" noch bis zum 8. Dezember 1984 bestehen, allerdings ergänzt durch Sendungen des Kurzwellenauslandsdienstes.

Da "Österreich Regional Tirol" und "Ö3" ab 1976 von der RAS (Rundfunkanstalt Südtirol) in Südtirol auf UKW ausgestrahlt wurden, waren die Kurzwellenausstrahlungen schließlich nicht mehr nötig. 1984 wurde der Kurzwellensender nach Demontage der gesamten Sendeanlage in das KW-Sendezentrum Moosbrunn bei Wien verlegt, wo er weiter auf 6000 kHz für den Auslandsdienst zum Einsatz kam.

Zu erwähnen ist noch, dass Anfang 1958 in Lienz/Osttirol eine Sendeanlage in Betrieb ging, die über einen 104 m hohen Antennenmast verfügte, das 1. (regionale) Programm auf 629 kHz mit 1 kW und das 2. (nationale) Programm auf 584 kHz mit 10 kW ausstrahlte. Zuvor stand in Lienz nur ein 100 W-Kleinsender, der vom "Reichsrundfunk" in den 1940er-Jahren errichtet, zunächst auf der "Ostmärkischen Gleichwelle" 1285 kHz und dann von der Postverwaltung auf 520 kHz für das 1. (regionale) Programm betrieben wurde.
 


Die Antennenanlage in Aldrans wurde schon bald nach Einstellung der Mittelwelle-Ausstrahlungen abgetragen. Das Gelände wurde an die Gemeinde Aldrans verkauft, welche darauf das Altenwohn- und Altenflegeheim St. Martin errichtete, wobei das Sendergebäude als Eingangstrakt dient.

An den Sender erinnert nur mehr der Name der Zufahrtsstraße.


1953 - Der Aufbau des UKW-Sendernetzes

letzte Änderung: 05.10.2016

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