Radiogeschichte Österreichs
 

über die sendetechnische Entwicklung des Rundfunks in Österreich.





1939-45 - "Sendepause" für Österreich

Nach dem "Anschluss" an Hitler-Deutschland wurde die RAVAG an den "Reichsrundfunk" angegliedert. Da alles seine Ordnung haben musste, geschah dies dadurch, dass die Reichsrundfunkgesellschaft das gesamte Aktienpaket der RAVAG um 666.667 RM kaufte. Die Reichspost wiederum bezahlte für Sendeanlagen und Liegenschaften 2,8 Mill. RM als Ablöse. Das Rundfunkwesen erfuhr eine völlige Neuorganisation: Die Sender Innsbruck und Salzburg kamen zum Reichssender München, der Sender Dornbirn zum Reichssender Stuttgart, Linz, Graz und Klagenfurt blieben dem Wiener Reichssender zugeordnet.

Der "Reichsrundfunk" errichtete in Dobl bei Graz einen starken Sender einer Serie, die zur Verbreitung von Fremdsprachenprogrammen für das Ausland dienten. Zudem wurden in der Steiermark und Kärnten insgesamt 10 Kleinsender mit 100 Watt Leistung gebaut, die gemeinsam mit den stärkeren Sendern in Graz und Klagenfurt auf der "Ostmärkischen Gleichwelle" 1285 kHz sendeten (siehe Liste weiter unten).

Zu Kriegsende wurde alle Sendeanlagen in Wien zerstört. Der Sender am Bisamberg war zwar von den Bombenangriffen verschont geblieben, wurde aber am 13. April 1945 von der SS gesprengt.
 

1945-55 - 1 Land - 8 Sender

Nach Aufteilung Wiens in 4 Besatzungszonen etablierten die Russen, Amerikaner und Briten eigene Sender für die österreichische Zivilbevölkerung. Zusätzlich errichteten die Amerikaner und Briten Sender für ihre Truppen.

In der sowjetischen Zone (= Niederösterreich, Teil von Wien, Oberösterreich nördlich der Donau, Burgenland, bis Juli 1945 auch Steiermark und Kärnten) wurde während der gesamten Besatzungszeit bis 1955 nur über provisorische Sendeanlagen am Funkhaus sowie ab 1950 am Bisamberg betrieben.

Schon am 29. April 1945 wurde in Wien der Sendebetrieb wieder aufgenommen, jedoch standen nur ein 30 Watt starker Sender am Dach des Wiener Funkhauses sowie ein 300 Watt-Sender im TGM, einer technischen Mittelschule, zur Verfügung. Gesendet wurde vom Funkhaus auf 592 kHz, vom TGM auf 1312 kHz. Es wurde täglich 10 Stunden, am Sonntag 13,5 Stunden gesendet.

  Mit Kriegsende waren folgende Rundfunksender in Österreich noch betriebsbereit:

kW

kHz

Standort

1,5 519 Aldrans
6 519 Lauterach
1 519 Salzburg
100 886 Dobl
15 1267 Linz-Freinberg
0,1 1285 Bruck/Mur
0,1 1285 Eisenerz
15 1285 Graz
0,1 1285 Judenburg
7 1285 Klagenfurt
0,1 1285 Kötschach
0,1 1285 Leoben
0,1 1285 Lienz
0,1 1285 Mürzzuschlag
0,1 1285 Radenthein
0,1 1285 Spittal/Drau
0,1 1285 Villach
 
Bis Ende Mai 1945 konnte die Leistung des Funkhaus-Senders auf 200 Watt, bis 31. Mai 1945 auf 500 Watt erhöht werden, was zumindest die Versorgung des Wiener Stadtgebiets ermöglichte. Bis zum Sommer 1945 konnte von den Technikern im Funkhaus aus Teilen beschädigter Militärsender ein 10 kW-Sender zusammengebaut und in Betrieb genommen werden.

Ab dem 23. Dezember 1945 wurde, zunächst nur am Wochenende, später täglich, ein 2. Programm gesendet. Dafür zum Einsatz kam ein ehemaliger 200 Watt-Militärsender am Dach des Lagerhauses der Österreichischen Tabakregie in der Thaliastraße. Dieser Standort lag kurioserweise in der französischen Besatzungszone, während "Radio Wien" allgemein unter sowjetischer Kontrolle stand, weil aus deren Besatzungszone sendend. Bis Anfang 1947 konnte auch für den Standort Thaliastraße von den Sendetechnikern in Eigenregie ein 10 kW-Sender zusammengebaut werden. Gesendet wurde auf 1312 kHz, nach Gültigwerdung des Kopenhagener Wellenplanes am 15. März 1950 auf 1475 kHz, wobei die Leistung jedoch nur mehr mit 2 kW angegeben wird.

1947 wurde von der RAVAG ein 35 kW-Sender bei einem lokalen Hersteller in Auftrag gegeben, doch die Alliierten verweigerten die Betriebsgenehmigung. Erst im Dezember 1949 konnte aufgrund eines Regierungsbeschusses ein Sofortprogramm zum Verbesserung der Empfangsverhältnisse in Angriff genommen werden. Anfang 1950 wurde dazu ein provisorischer 64 m hoher abgespannter Mast mit Dachkapazität auf das Fundament des alten Sendemastes am Bisamberg gesetzt. Die Anlage ging mit Inkrafttreten des Kopenhagener Wellenplanes am 15. März 1950 auf den dort zugewiesenen 584 kHz in Betrieb. der 35 kW-Sender stand im Siegenhaus des durch die Sprengung stark beschädigten Sendergebäudes.

Unmittelbar nach Ende des 2. Weltkrieges bot die Kurzwelle eine Möglichkeit, trotz der weitgehend zerstörten Rundfunksender einen großen Teil der Bevölkerung zumindest notdürftig mit Radioprogrammen zu versorgen. Schon ab dem 11. Juni 1945 wurde das Programm von "Radio Wien" auch über zwei Kurzwellensender im 49m- und 31m-Band (Sendeleistung 150 bzw. 300 Watt) am Dach des Funkhauses ausgestrahlt. Ein dritter Sender mit 400 Watt für das 48m-Band folgte am 30. Juli 1945, und am 10. September 1945 kam ein weiterer Sender im 25m-Band dazu. Etwas später folgte noch ein fünfter Sender mit 30 Watt Leistung für das 16m-Band. Bei allen fünf Sendern handelte es sich um ehemalige U-Boot-Kurzwellensender. Nach einiger Zeit übersiedelten die Kurzwellensender vom Dach des Funkhauses auf den Bisamberg. Das weitläufige Gelände des Mittelwellen-Großsenders bot genügend Platz zur Aufstellung der Antennen, welche wegen der geringen Sendeleistung nicht sehr aufwändig sein mussten.

In der amerikanischen Zone (= Salzburg, Oberösterreich südlich der Donau, Teil von Wien, bis Sommer 1945 auch Tirol und Vorarlberg) begann die Sendergruppe "Rot-Weiß-Rot" mit Sendungen. Nachdem "Rot-Weiß-Rot" schon seit dem 6. Juni 1945 aus Salzburg und Linz sendete, wurde erst am 17. November 1945 in Wien ein eigenes Studio errichtet. Anfänglich wurde ein 1 kW starker Sender des Militärs benützt, der auf der Sulzwiese am Kahlenberg aufgestellt war. Dieser Standort lag aber unmittelbar an der Grenze der US-Zone in der russischen Zone, sodass kurze Zeit später der Standort des Armeesenders WOFA in Grinzing mitbenützt wurde. Dieser Sender besaß 15 kW Leistung und war zunächst auf 1429 kHz, ab 1950 dann auf 755 kHz in Betrieb.
 

Die Rundfunksender in Wien Anfang 1948

kW

kHz

Programm

10

592

Radio Wien I (russische Zone)

1

868

BFN (britischer Soldatensender)

0,75

1068

WOFA (US-Soldatensender)

1,5

1204

BFN (britischer Soldatensender)

0,25

1286

Alpenland (britische Zone) - ab 1. März 1948

10

1312

Radio Wien II (russische Zone)

1

1429

Rot-Weiß-Rot (US-Zone)

Das Programm von "Rot-Weiß-Rot" war für damalige Verhältnisse geradezu revolutionär, da viele Elemente der Programmgestaltung aus den USA zur Anwendung kamen. 1949 kamen z.B. erstmals "Disc-Jockeys" zum Einsatz.

Die Amerikaner errichteten schließlich auf dem Wilhelminenberg einen 100 kW-Sender zur Versorgung der umliegenden russischen Zone, der im August 1951 auf 755 kHz in Betrieb ging. Zunächst musste die

Sendeleistung auf 20 kW begrenzt werden, da es zu Störungen von "RadioWien" auf 584 kHz kommen hätte können - zumindest wurde dies als offizieller Grund genannt. Immerhin hatte "Rot-Weiß-Rot" in Wien eine Einschaltquote von rund 75%. Ein weiterer Grund dürfte gewesen sein, dass vorerst nur eine provisorische Antenne zur Verfügung stand.

1952 begann der Aufbau einer Antennenanlage mit 2 abgespannten Fachwerkmasten mit 122 bzw. 138 m Höhe, deren Fundamente auch heute noch in der Parkanlage nördlich der psychiatrischen Klinik Steinhof erhalten sind.
 

Der Sender Wien-Wilhelminenberg - Ein "radioarchäologischer" Rundgang
 

Blue Danube Network (BDN)
In ihrer Zone errichteten die amerikanischen Streitkräfte bald eigene Sender zur Versorgung ihrer Soldaten. Die ausschließlich englischsprachigen Programme brachten zu jeder vollen Stunde Nachrichten (u.a. vom AFN Newsroom in Frankfurt). Studios wurden in Salzburg (KZCA), Linz (KOFA) und Wien (WOFA) eingerichtet, wobei allerdings sämtliche Sender gleichgeschaltet waren und nur morgens und frühabends regionale Eigenprogramme gesendet wurden.
Die Sender wurden im 3. Quartal 1955 abgeschaltet (Linz 14.8., Wien 28.8., Salzburg 14.10.) und die Anlagen demontiert.

 

In der britischen Zone (= ab Juli 1945 Steiermark, Kärnten, Teil von Wien) wurde mit 31. August 1945 die "Sendergruppe Alpenland" mit Stationen in Graz und Klagenfurt gebildet. Erst am 1. März 1948 nahm in Wien am Südende des Schlossparks von Schönbrunn den Betrieb auf. Anfänglich mit nur 0,25 kW, bald mit 6 kW sendete man auf 1285 kHz. 1949 wurde die Sendeleistung auf 15 kW erhöht und die Frequenz auf 565 kHz geändert.

Im Laufe des Jahres 1953 wurde die Sendeleistung drastisch auf 0,25 kW reduziert. Vermutlich hatten die Briten wegen des bevorstehenden Abzugs aus Wien den leistungsstarken Sender gegen einen älteren schwachen Sender ausgetauscht. Am 22. Januar 1954 beendete "Alpenland" seine eigenen Sendungen. Die Sendeanlage Schönbrunn wurde dem "Österreichischen Rundfunk" übergeben, der darüber das kurz zuvor geschaffene 2. Programm ausstrahlte.
 

British Forces Network (BFN)
Die Briten errichteten für ihre stationierten Truppen in Klagenfurt (= Hauptstudio), Graz, Wien sowie 1954 in Zeltweg (Flughafen) eigene Sender. Diese Stationen sendeten aber auch deutschsprachige Programme.
Vor Programmbeginn brachte Klagenfurt (Hauptstudio) meistens die Leitungsprobe: ein österreichischer Techniker sagte etwa: "Hallo Graz, Zeltweg, Wien, hier ist Klagenfurt mit der Leitungsprobe." Dann hörte man etwa 6 bis 7 Minuten englische Schlager, dann meldete sich der Mann wieder: "Das war Klagenfurt mit der Leitungsprobe. Wir kommen wieder in ... Minuten".
In Wien war der Empfang von BFN auf 868 kHz (1 kW) auch tagsüber etwas entfernt vom Sender (südlich des Zentrums im 3. Bezirk) durch Petöfi Radio Budapest auf 872 kHz (135 kW) gestört. Dies machte sich in einem andauernden unangenehmen Pfeifton von 4.000 Hz bemerkbar.
Sie Sender in Graz und Zeltweg wurden am 10. September 1955, die Stationen Klagenfurt und Wien am 25. September 1955 abgeschaltet.
 
In der französischen Zone (= Tirol, Vorarlberg, Teil von Wien) wurde im Sommer 1945 die "Sendergruppe West" mit den Stationen Innsbruck und Dornbirn gebildet, nachdem die Franzosen erst im Juli die Amerikaner durch die Franzosen als Besatzungsmacht in Tirol und Vorarlberg abgelöst worden waren.
 

Die Rundfunksender Österreichs nach dem "World Radio Handbook for listeners" 1953
kHz kW Standort kHz kW Standort
Sendergruppe "Rot-Weiß-Rot" (US-Zone) Sendergruppe "Alpenland" (Britische Zone)
755 100 Wien-Wilhelminenberg 519 0,2 Graz-St. Peter II
773 100 Kronstorf 566 0,25 Wien-Schönbrunn
1250 10 Salzburg-Moosstraße 719 15 Graz-St. Peter I
9562 10 Salzburg (Standort ?) 836 7 Klagenfurt I
Blue Danube Network (US-Armeesender) 1025 100 Dobl
674 1 Salzburg-Lehen 1304 0,2 Klagenfurt II
881 1 Linz-Freinberg British Forces Network
890 1 Saalfelden 565 1 Graz
1034 1 Wien 565 0,25 Klagenfurt
1223 0,1 Tulln-Langenlebarn
(US-Flughafen in der russischen Zone!)
868 0,8 Wien
1367 0,5 St. Johann/Pongau      
5080 0,35 Salzburg (Standort ?)      
9617 0,35 Salzburg (Standort ?)      
RAVAG (Radio Wien; Sowjetische Zone) Sendergruppe West (Französische Zone)
584 35 Wien I-Bisamberg 519 0,2 Innsbruck-Funkhaus II
1475 2 Wien II-Thaliastraße 629 12 Dornbirn-Lauterach
6155 0,2 Wien I-Bisamberg 629 25 Innsbruck-Aldrans I
7245 0,3 Wien II-Bisamberg 1457 0,05 Schruns
9665 0,3 Wien II-Bisamberg 6000 0,1 Innsbruck-Aldrans
11785 0,2 Wien I-Bisamberg      

 

1955 - Neubeginn

Die Entwicklung des Rundfunks außerhalb Wiens

letzte Änderung: 17.05.2016

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