Funkgeschichte Österreichs
 

Kurzgeschichte der Funktechnik und der Entstehung des Radios in Österreich




1898 - (auch) Österreich telegrafiert
 
Schon die ersten Radiotelegrafieversuche Marconis 1896 erregten bei der Marinesektion des Kriegsministeriums große Aufmerksamkeit. Der österreichische Marineattaché in London, Graf Stürckh, wurde daher beauftragt, mit Marconi Verbindung aufzunehmen. Parallel zu diesen Bemühungen wurden aber auch die "Teslaversuche" von Josef Tuma, einem Assistenten am Physikalischen Institut der Universität, interessiert beobachtet. Als man ihn einlud, mit Unterstützung der Marine die Versuche zu wiederholen, lehnte dieser zunächst jedoch ab, da er dies als Herabwürdigung der Wissenschaft sah.
Tuma führte jedoch über Einladung des niederösterreichischen Ingenieur- und Architektenvereines am 5. November 1897 vermutlich erstmals vor größerem Publikum seine Apparate vor. Über eine Entfernung von 30 Metern wurden Signale übertragen, wobei auch eine Mauer dazwischen lag.
Da man im Ausland mittlerweile schon weiter war, veranlasste das "Marine-Technische-Comité" (MTC) im Oktober 1897 den Ankauf von Marconi-Apparaten. Im Sommer 1898 sollten bei Wien die ersten praktischen Erprobungen durchgeführt werden, doch gestalteten sich die Verhandlungen mit der Marconi-Gesellschaft schwierig und scheiterten schließlich. Danach wandte sich das MTC erneut an Tuma, der nun doch zusagte, zusammen mit der Marinesektion eine Funkanlage aufzubauen.
Mit Tumas eigenen Apparaten sowie Geräten von Siemens & Halske erfolgten zwischen 8. Februar und 21. April 1898 die ersten umfangreichen Funkversuche, wobei man vom Südturm der Votivkirche mit dem Nordturm des Rathauses (= 450 m) sowie der Stephaniewarte am Kahlenberg (= etwa 7 km) eine Verbindung herstellte. Weiter reichende Versuche  blieben vorerst erfolglos.
Die Marinesektion nahm daher erneut Kontakt mit Marconi auf. Die Geschäftsbedingungen der Marconi-Gesellschaft sahen jedoch strenge Konkurrenzklauseln vor, die die Marinesektion nicht bereit war einzugehen. Daher lud man erneut Tuma ein, diesmal auf See die Radiotelegrafie zu erproben. Zwischen 19. und 22. Dezember 1898 wurden von einem Sender bei Fort Musil bei Pula Signale zu einem Empfänger auf einem Schiff gesendet, das vor der Küste kreuzte. Das Ziel, mindestens 15 km zu überbrücken, verfehlte man - es waren nur 10 km.
Im Sommer 1899 fanden Versuche mit einem in einem Freiballon untergebrachten Empfänger statt, während der Sender auf dem Exerzierplatz des Arsenals in Wien aufgestellt war. Bis zu einer Entfernung von 20 km konnte das Signal aufgenommen werden.
Da man sich mit der Marconi-Gesellschaft auch weiterhin nicht einigen konnte, wurden die im eigenen Land vorhandenen Möglichkeiten ausgeschöpft und entsprechende Versuche unterstützt. So führte der ungarische Erfinder Johann Christoph Schäfer ab dem 19. März 1899 Versuche bei Triest durch. Dabei wurden angeblich Entfernungen bis 65 km überbrückt, was durch praktische Vorführungen vor größerem Publikum nie bestätigt werden konnte. Schäfer galt daher bald als ein Hochstapler. Dennoch waren seine Apparate empfangsseitig interessant, da er statt eines Cohärer einen Detektor verwendete.
Da also mit Marconi keine Einigung erzielt werden konnte und das Schäfer-System keine befriedigende Leistungen erbrachte, erkannte man im AEG-Slaby-System eine gangbare Alternative. Nach diplomatischen Sondierungen erteilt der Deutsche Kaiser die Erlaubnis, dass eine österreichische Delegation den Funkdemonstrationen Slabys in Kiel beiwohnen durfte. Ab Juli 1901 weilte die österreichische Delegation für drei Monate in Deutschland. Die Versuche in Kiel ergaben aber enttäuschte Ergebnisse - nur max. 30 km konnten überbrückt werden.
In Wien kam man zum Schluss, vor einer weit reichenden Einführung der Radiotelegrafie eigene intensive Versuche anzustellen. Dazu wurden Geräte von AEG, Siemens & Halske und der französischen Firma Rochefort angekauft und ab dem 15. April 1902 in Fort Musil bei Pula getestet. Da keines der Systeme Reichweiten von mehr als 100 km erbrachte, lehnte das MTC eine Festlegung auf ein bestimmtes System ab.
Im November 1902 wurde auf der Insel Sansego (= Susak/Kroatien) eine 2. Station errichtet. Schon bei der Frühjahrsübung der Marine 1903 sollte die Radiotelegrafie erstmals eingesetzt werden, wofür 3 Schiffe eine Funkausrüstung erhielten. Die bei der Übung gemachten Erfahrungen waren diesmal sehr positiv. So wurden schon 1904 alle Schiffe vom Typ "Habsburg" und 3 weitere größere Schiffe mit Funkapparaten ausgestattet. Auch die beiden Küstenfunkstationen wurden modernisiert, wobei die Station Sansego auf die Insel Lussinpiccolo (= Mali Losinj/Kroatien) verlegt wurde.
 

1908-1918 - Radiotelegrafie für den Krieg;
Radiostationen im heutigen Staatsgebiet von Österreich

letzte Änderung: 12.10.2003

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