Der 1. UKW-Sender in Europa


Artikel des BR aus "50 Jahre Großsenderanlage Ismaning 1982" mit Ergänzungen.
Vom 23. Juni bis 15. September 1948 fand in Kopenhagen die "4. Europäische Wellenkonferenz" statt. Bedingt durch den Ausgang des Zweiten Weltkrieges durfte Deutschland an dieser ersten Nochkriegs-Wellenkonferenz selbst nicht teilnehmen, seine Interessen hatten vielmehr die Alliierten vertreten - oder richtiger gesagt, nicht vertreten. Standen Deutschland vor dem Kriege neun Mittelwellen und eine Langwelle als Exklusivwellen, d. h. nur von einer Station belegte Wellen zur Verfügung, so musste es jetzt auf alle Einzelwellen verzichten. Lediglich die Mitbenutzung von Wellen weiter entfernt gelegener Sender wurde zugestanden, was dann auch noch Inkrafttreten des Planes am 15. März 1950 bei Eintritt der Dunkelheit zu katastrophalen gegenseitigen Störungen führte. So konnte beispielsweise der Bayerische Rundfunk abends kaum ein Drittel seiner Hörer versorgen.
Der Verlust der eigenen Mittelwellen im Kopenhagener Plan hatte zur Folge, dass man von den sich anbietenden drei Ausweichmöglichkeiten, Drahtfunk, Kleingleichwellennetze auf 1484 kHz bzw. 520 kHz oder Ausweichen auf einen anderen Wellenbereich, sich für letzteren entschied, und zwar den Bereich unter 10 m Wellenlänge, den so genannten "Ultra-Kurzwellenbereich" (UKW). Diese Wellen besitzen zwei Eigenschaften, die sie besonders zur Nahversorgung sehr geeignet machen. Einmal ist ihre Reichweite begrenzt, der Einsatz mehrerer Sender auf gleicher Welle bei genügendem räumlichen Abstand also durchaus möglich. Zweitens erlauben die hohen Trägerfrequenzen in diesem Bereich auch große Bandbreiten, also qualitativ bessere Übertragungen als auf Mittelwelle. Um diesen Vorteil voll auszuschöpfen, nahm man als Modulationsart nicht, wie bei den Versuchen in Berlin Anfang der 30er Jahre, die bisher übliche Amplitudenmodulation, sondern die gegen Störungen weit unempfindlichere Frequenzmodulation. Auch der Frequenzbereich wurde höher gewählt; bei den damaligen Berliner Versuchen lag die Wellenlänge bei etwa 7 m; jetzt setzt man sie auf rund 3 m herab. Um den Hörern noch einen zusätzlichen Anreiz zum Empfang dieses Wellenbereiches zu geben, beabsichtigten die deutschen Rundfunkanstalten von vornherein auch die Ausstrahlung eines zweiten Programms.

Zwischen den technischen Direktoren des NWDR und des Bayerischen Rundfunks war vereinbart, die beiden von Telefunken und Rohde & Schwarz gebauten ersten UKW-Sender in Hannover und München-Freimann am 1. März 1949 in Betrieb zu nehmen. Am 27. Februar 1949 rief Dr. Lothar Rohde, Vorstand der Firma Rohde & Schwarz, einen ihm bekannten Ingenieur des BR mit der Frage an, ob er nicht die Sendeanlage schon am Abend des 28. Februar 1949 (Rosenmontag) einschalten könne. Der Chefingenieur des BR, Friedrich Zaekel war noch in der Schweiz, war aber schon auf dem Rückweg mit der Absicht, sich mit dem angerufenen Ingenieur am Sender zu treffen. Rohde erfuhr durch den Ingenieur von diesem Treffen und begrüßte Zaekel mit einem amerikanischen Kamerateam zum erfolgreichen Start des UKW-Radios. Der Sender in München-Freimann ging um 16.30 Uhr auf der Frequenz 90,1 MHz in Betrieb.


Europas erster UKW-Sender; heute Museumsstück in der Sendeanlage Ismaning bei München.
Der Sender des NWDR in Hannover folgte planmäßig einige Stunden später am 1. März 1949. Auf die spätere Frage eines Reporters, wieso er sich nicht an die Vereinbarung gehalten habe, erwiderte er, er habe das Ganze als etwas Sportliches betrachtet und schließlich habe die ganze Entwicklungsabteilung von Rohde & Schwarz 60 Stunden in der Woche an diesem Sender gearbeitet.

Der Sender hatte eine Ausgangsleistung von 250 W. Ein schmaler Schrank mit den Abmessungen 65 x 180 x 45 cm enthielt in seinem Oberteil die Endstufe, darunter den Oszillator und die Verdopplerstufen und unten das Netzteil. Er stand in einer kleinen Baracke am Fuße des 110 m hohen Stahlgitterturmes, der auch die Antenne trug. Die erste Antenne, eine horizontal polarisierte 3-Element-Yagi-Antenne Typ HA 9 von der Firma Rohde & Schwarz, war mit ihrer Hauptstrahlrichtung nach München ausgerichtet. Ein knappes dreiviertel Jahr später, am 16. Oktober 1949, löste diesen Sender ein neuer Sender ab. Ebenfalls von der Firma Rohde & Schwarz geliefert, besaß er eine Ausgangsleistung von 250 W.

Am 30 Januar 1950 kam ein gleich gebauter zweiter Sender als passive Reserve hinzu. Die Sender waren für eine niederfrequente Bandbreite von 30 bis 15 000 Hz ausgelegt, hatten also nach unseren heutigen Begriffen schon HiFi-Qualität. In der Anfangszeit übertrugen diese Sender zunächst das Mittelwellenprogramm. Nachdem die Voraussetzungen für ein zweites Programm auf der Programmseite erfüllt waren, konnte man am 18. August 1950 mit dessen Ausstrahlung beginnen.

Einen Engpass bildete die Beschaffung des Hochfrequenzkabels vom Sender zur Antenne. Zuerst stand hierfür nur ein Kabel aus alten Heeresbeständen zur Verfügung, das bei diesen hohen Frequenzen starke Verluste verursachte. Der Versuch, mit einer offenen Zweidraht-Lecherleitung zu arbeiten, scheiterte an der Witterungsabhängigkeit; Anpassungsänderungen durch Feuchtigkeit machten häufiges Nochstimmen erforderlich. Die Lösung brachte erst noch etwa einem Jahr ein Kabel der Firma Felten & Guilleaume, Typ 8/24, das auch bei diesen hohen Frequenzen nur sehr geringe Verluste hatte. Mit einer im März 1950 installierten neuen Rundstrahlantenne, einem Vierfach-Kreuzdipol der Firma Rohde & Schwarz, mit einem Leistungsgewinn von drei betrug unter Berücksichtigung alter Verluste die abgestrahlte Leistung jetzt 1/2 kW. Vier Jahre später, im Jahre 1954, wurde die Antenne nochmals ausgewechselt, jetzt arbeitete man wieder mit Richtstrahlung über eine 4-Element-Yagi-Antenne der Firma Telefunken, die mit Hauptstrahlrichtung 270° an einer Seitenfläche des Stahlgitterturms hing.
Am 2. Dezember 1958 stellte die Anlage in Freimann ihren Betrieb als Sendestelle ein. Beide UKW-Sender sind nach Ismaning verlegt worden.
letzte Änderung: 12.07.2010

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