Good Old Radio -
Wie man einmal Radio hörte



 
Heute ist es kaum noch nachvollziehbar, dass Radiohören in früheren Zeiten eine große Faszination ausüben konnte.
Während die heutige Elektronik kaum Einblicke in das gewährt, was vor sich geht, waren die alten Röhrenradios Apparate, die wirklich alle Sinne berührten:

Das "magische Auge" diente bei den Röhrenradios zur Einstellung des optimalen Empfangs (je breiter der grüne Bereich, desto stärker das Signal). Als Antenne diente bei Lang- und Mittelwelle ein etwa 15 cm langer Metallstab, auf dem Spulen angebracht waren. Diese so genannte Ferritantennen hatten ein gute Richtwirkung, wodurch Gleichkanalsender wirksam ausgeblendet werden konnten. Die geräumigen Gehäuse der Radioapparate boten Platz, um diese Antenne drehbar einzubauen. Die Betätigung erfolgte durch "Seilzüge" über einen Drehkopf an der Frontseite.

 

Da war zuerst schon das Erscheinungsbild eines Radioapparates - ein edel furniertes, oft mit goldenen Leisten verziertes Prunkstück vieler Wohnzimmer. Drehte man das Radio auf, musste man zuerst etwas Geduld aufbringen, denn die Röhren mussten warm werden, ehe ein leises Brummen ankündigte, dass bald die Betriebestemperatur erreicht war und damit etwas zu hören sein würde.
  
Wenn Kinder zu ergründen versuchten, was in so einem Radio alles passierte, gab es tatsächlich einiges zu entdecken. Die Rückwand des Radios war meist aus schwarzer dicker Presspappe mit Luftlöchern. Durch diese konnte man in das Innere des Radios sehen. Man sah dort, wie nach dem Einschalten die Verstärkerröhren zuerst rot, schließlich gelb glühten, wie mittels der großen Drehknöpfe an der Vorderseite über Seilzüge verschiedene Gerätschaften (Drehkondensatoren) in Drehung versetzt werden konnten.
 

Die Bauteile eines Radios waren groß und vielfältig. So ein Radio sah im Inneren fast so aus wie das Modell einer Ölraffinerie. Alle größeren Bauteile waren auf einen Blechsockel montiert, die Verdrahtung erfolgte auf der Unterseite mit dicken, oft mit Textilumhüllung versehenen Drähten.
  
In vielen Radios gab es zudem eine auf einem kleinen Gerüst im Inneren angebrachte drehbare Ferritantenne, welche ebenfalls über Schnüre, die über viele Rollen liefen, in Drehung versetzt werden konnte.
Schließlich roch so ein Radio im warmen Zustand sehr angenehm nach Bakelit, einer Papier-Harz-Pressplatte, auf die früher die Schaltungen gelötet wurden. 
 
Nur etwas für "Spezialisten"?
  
Als ein äußerst wichtiges Thema war stets auch die richtige Antenne und die Erdung des Radioapparates. Da die Ausbreitung der Lang- und Mittelwellen in einem engen Verhältnis zum Erdmagnetismus stehen, ist der Empfang um so besser, wenn eine Verbindung des Radiogerätes zur Erde steht. Dies kann übrigens auch an modernen Radiogeräten nachvollzogen werden: Wenn man bei Mittelwellenempfang die Antenne des Gerätes z.B. mit der Blitzschutzanlage eines Hauses verbindet (früher kamen dafür auch die Zentralheizungssysteme in Frage - deren Rohre sind aber heute meist aus Plastik), stellt man eine deutliche Erhöhung der Signalstärke fest.

Radio-Werbung nach Eröffnung des neuen Senders Linz 1936
  

Neben der Erdung boten elektrische Störungen unendlich Stoff für Diskussionen. Gerade der Mittelwellenbereich zeigt sich empfindlich dafür und eine Funkentstörung wie heute war früher oft nicht gegeben. So wurde das Radiohören oft durch Brummen, Surren oder Knackgeräusche gestört.
Im Sommer zeigte sich noch eine weitere Störquelle - Gewitter. Wer nicht im Nahbereich eines starken Senders wohnte, musste damit leben, dass an warmen Sommerabenden das Radioprogramm ununterbrochen von Knack- und Zischgeräuschen untermalt wurde, welche durch die Blitze der Gewitter oft in hunderten Kilometern Entfernung entstanden.
Die alten Radios hatten ansonsten aber einen überraschend guten Klang. Verantwortlich dafür war das voluminöse Gehäuse aus Holz, dass einen hervorragenden Resonanzkörper abgab. Trotz des auf Mittelwelle stark eingeschränkten Frequenzumfanges klangen die alten Röhrenradios subjektiv wesentlich besser als die heutigen Mini-Stereoanlagen oder gar ein Walkman. Stereo gab es übrigens in den 60er-Jahren nur bei Schallplatten - und das nicht bei allen.

 
Am Anfang - das Radio, das keinen Strom brauchte!
 

Detektor-Empfänger von 1924. Die Frequenz- abstimmung erfolgt über den Schieber an der Spule.
In den ersten Jahren des Rundfunks - also bis etwa 1935 - waren so genannte Detektor-Empfänger weit verbreitet. Diese Geräte benötigten keine Stromquelle und ermöglichten es, lokale Sender zu hören - allerdings nur mit Kopfhörer. Es war sogar so, dass bei der Errichtung eines Senders die "Detektor-Reichweite" entscheidend war. Diese betrug z.B. beim 1. Linzer Sender mit 500 Watt Sendeleistung rund 15 Kilometer.

Das Prinzip des Detektor-Empfängers beruht darauf, dass mit Hilfe einer Diode an einem abstimmbaren Schwingkreis direkt ein Signal demoduliert werden kann. Den Empfangsbereich legte man durch die Anzahl der Spulenwindungen im Schwingkreis fest. Die Frequenzabstimmung erfolgte über einen Drehkondensator. Als Diode fanden Bleiglanz- oder Pyritkristalle Verwendung, welche bei loser Berührung mit einem Draht die Eigenschaft haben, hochfrequente Wechselströme gleichzurichten.
Diese Radiogeräte bestanden somit aus nur 4 elektrischen Bauteilen: Spule, Drehkondensator, Diode und Kopfhörer.

Aus diesen Detektoren entstanden durch Nachschalten einer Verstärkerstufe komfortablere Radioapparate mit Lautsprecher, die natürlich dann eine Stromquelle benötigten. Dafür konnten nun auch viel schwächere Signale brauchbar empfangen werden. Durch zusätzliche Kondensatoren wurde überdies die Trennschärfe verbessert. Das Grundprinzip heutiger Rundfunkgeräte ist aber dasselbe wie bei den ersten Detektoren, nur dass die Elektronik moderner Geräte eben perfektioniert und miniaturisiert ist.
 

Rundfunkempfänger "Blaupunkt VII" von 1928. Die Frequenzabstimmung erfolgte schon über einen Drehknopf. Die Verstärkerröhren waren frei auf der Geräteoberseite angebracht (günstig, weil sie anfänglich nicht lange hielten und so einfach ausgetauscht werden konnten).

  
letzte Änderung: 22.02.2002

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